Wie ihr wisst, bin ich eine „Emiliana‟ durch und durch. Deshalb möchte ich mich bei allen bedanken, die mir geschrieben haben und wissen wollten, ob meine Eltern und Verwandten auch vom Hochwasserunglück in meiner Heimatregion betroffen sind.

Ich kann euch beruhigen: Die Emilia, der westliche Teil der Region Emilia-Romagna, wurde tatsächlich von dem Unwetter heimgesucht, aber zum Glück weit weniger schwer als die Romagna, der östliche Teil der Region, der sich zum Meer hin erstreckt.

Obwohl wir erleichtert sind, diesmal verschont geblieben zu sein, macht uns das Schicksal der Orte und Gebiete, die uns nicht nur geografisch so nah sind, sehr traurig. Und wir sind besorgt, denn beim nächsten Mal könnte unter den vielen Hochwasser führenden Flüssen – insgesamt waren es 23! – auch der Po sein, der nur ein paar Kilometer von meinem Geburtsort entfernt fließt.

Und trotzdem ist es schon ziemlich surreal, wenn in der Werbepause im Fernsehen ein Spendenaufruf für die „vom Hochwasser betroffenen Menschen in der Emilia-Romagna‟ eingeblendet wird. Wir glauben ja immer, dass eine solche Katastrophe weit weg von uns passiert und dass wir, nachdem wir ein paar Tränen verdrückt haben, sofort wieder zu unserem normalen Leben zurückkehren können. Diesmal aber fühlt es sich sehr viel näher an.

Was ist passiert?

Ich will versuchen kurz zu erklären, was geschehen ist – vor allem für all jene, die mein Magazin außerhalb Italiens lesen. Dennoch möchte ich euch bitten, euch auch bei kompetenteren Quellen zu informieren, wie zum Beispiel auf der Website des italienischen Instituts für Katastrophenschutz und Umwelt ISPRA (Istituto Superiore per la Protezione e la Ricerca Ambientale) oder beim deutschen Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe BKK.

Das also ist also passiert:

Nach Monaten der Trockenheit fielen innerhalb von nur drei Tagen über 120 Millimeter Regen, doppelt so viel wie im Durchschnitt des gesamten Monats Mai, und in einigen Gegenden fielen sogar bis zu 500 Millimeter vom Himmel.

Der Starkregen ließ viele Flüsse viel zu schnell anschwellen und sie traten über die Ufer. Die Folge: Städte und Gemeinden, Ackerland und Industriegebiete wurden überflutet.

Tragischerweise verloren dabei zahlreiche Menschen ihr Leben und Tausende mussten evakuiert werden. Dazu kamen unzählige Haus– und Nutztiere zu Schaden; Betriebe, Felder und Kulturgüter wurden beschädigt.

Der Schaden für die Landwirtschaft, die für die Region eine wichtige Einkommensquelle darstellt, ist sehr groß: Tausende von Obstbäumen müssen neu gepflanzt werden, da der Schlamm ihre Wurzeln zerfressen hat. Das hat unweigerlich Auswirkungen auf die Ernte, die Qualität und natürlich auf den Preis von Obst.

Heute bin ich nicht mit der Absicht aufgestanden, einen deprimierenden Artikel zu schreiben, wirklich nicht. Aber ich möchte zum Nachdenken über die Ursachen der Flutkatastrophe anregen und das Bewusstsein für die Gefahren schärfen.

Nähern wir uns dem Thema erst einmal mit einer hydrogeologischen Erklärung an:

Die Ursachen: instabiles Gelände und Eingriffe des Menschen

Fachleute und Forschende sind sich einig, dass die Hauptursache solcher extremer Flutereignisse in einem Phänomen zu suchen ist, das wir auf Italienisch „dissesto idrogeologico‟ nennen – hydrogeologische Instabilität.

Und Italien ist hydrogeologisch gesehen äußerst instabil – kleinere und größere Erdrutsche sind seit jeher an der Tagesordnung.

Der Begriff der hydrogeologischen Instabilität bezeichnet „morphologische Prozesse, die durch Eingriffe gekennzeichnet sind, die zur Überlastung und Schädigung des Bodens führen‟. Meist sind diese Eingriffe auf den Menschen zurückzuführen (sie sind also anthropogen).

In der Kombination mit der Beschaffenheit des Geländes, dem Vorhandensein vieler Wasserbecken und extremen Wetterbedingungen mit Starkregen stellt dieses Phänomen eine ernsthafte Gefahr dar – nicht nur in Italien.

Wo liegen die Hauptursachen für eine hydrogeologische Instabilität?

  • übermäßige Bebauung von Gebieten in der Nähe von Wasserläufen (oft auch ohne Baugenehmigungen)
  • Abholzung – der Verlust der Vegetation schwächt den Boden und macht ihn instabil
  • intensive Landwirtschaft und Viehzucht, was zu einer Übernutzung des Bodens führt, der dadurch weniger durchlässig wird
  • mangelhafte Bewirtschaftung von Acker- und Weideland
  • invasive und rücksichtslose Eingriffe an Wasserläufen, die umgeleitet werden, um Platz für Bauten und intensive Landwirtschaft zu schaffen
  • Abbau von Ressourcen aus dem Untergrund (insbesondere von Erdöl und Erdgas), wodurch ebenfalls die Bodenstabilität gefährdet wird.

Paradoxerweise verschärft die Trockenheit dieses Problem noch, da die Böden dadurch nicht mehr in der Lage sind, das überschüssige Regenwasser aufzunehmen – was die Überschwemmungen noch gefährlicher macht.  Es ist also gar nicht so schwer, denen zu widersprechen, die Hochwasser als Ausrede dafür nehmen, den Klimawandel auch heute noch zu leugnen.

Und was können wir tun?

Nach einer solchen Tragödie fällt es mir schwer, so positiv und dynamisch daherzukommen wie sonst. Heute habe ich leider keine „5 Tipps, wie wir hydrogeologische Instabilität bekämpfen können‟ für euch vorbereitet. Ich kann euch höchstens drei anbieten – und die habe ich aus alten Beiträgen übernommen:

Erstens:

Überlegt euch genau, welche Produkte ihr kauft und welche Unternehmen ihr unterstützt.

Zweitens:

Geht wählen und versucht, auch auf lokaler Ebene, die Parteien zu unterstützen, die sich am meisten um die Umwelt kümmern oder das Thema am wenigsten vernachlässigen.

Drittens:

Unterstützt Organisationen, die sich auf vielfältige Weise für den Erhalt von Waldgebieten und den Bodenschutz einsetzen.

Selbstverständlich findet ihr hier auch weiterhin Ideen, wie ihr nachhaltig leben könnt – das ist ja mein Herzensthema. Außerdem werde ich Organisationen vorstellen, die in diesem Bereich aktiv sind, damit sie international bekannter werden.

Also watch this space und meldet euch gern zu meinem Newsletter an, damit ihr nichts verpasst!

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