Wie schön, dass Du hier bist. Du hättest stattdessen auch ein lustiges Video auf Youtube schauen können, weil dir das Thema Nachhaltigkeit zum Hals raushängt. Jedes Unternehmen wirbt damit, „nachhaltig“ zu sein und es gibt inzwischen zig Interpretationen von diesem Begriff, die weit vom ökologischen Ursprungsgedanken entfernt sind.
Ich habe eine Weile gebraucht, bis ich verstehen und auch akzeptieren konnte, dass auch diese anderen Definitionen ihre Daseinsberechtigung haben. Denn ich befürchtete, sie würden die Dringlichkeit des Klimawandels und aller damit verbundenen Phänomenen – Dürre, Extremwetter, Flüchtlingskrise(n), Klima-Ungerechtigkeit – nicht ernst genug „anpacken“ oder durch breit gefasste Formulierungen verwaschen.
Obwohl mir die Ökologie und die Erhaltung aller Ressourcen unserer einzigen Erde (im Sinne der Agenda 2030) immer noch sehr wichtig sind, versuche ich inzwischen das Thema so ganzheitlich wie möglich zu betrachten. Ich bin auch offen für andere breiter gefasste Definitionen, bei denen es nicht nur um die Ressourcen des Planeten, sondern auch um Menschen (schließlich leben wir auf diesem Planeten) und unsere wirtschaftlichen Systeme geht.
Und zwar, weil mir Folgendes klar geworden ist:
- Wir als Menschen können nicht ökologisch handeln, wenn wir an die Grenzen unserer finanziellen und gesundheitlichen Ressourcen kommen.
- Als Gesellschaft ist es schwer, Probleme wie Klimakrise und soziale Ungerechtigkeit allein zu lösen. Es braucht dazu mehr Kooperation – zwischen Ländern, Einkommensklassen, Generationen und Branchen.
„Unsere berufliche Zukunft nachhaltig sichern“
Unter diesem Motto fand der Dolmetscher-für-Dolmetscher Workshop der AIIC (dem weltweit größten Verband für Konferenzdolmetscher:innen) am 14.01. in Bonn statt. Die Veranstaltung bietet also den perfekten Aufhänger, um über die verschiedenen Facetten der Nachhaltigkeit nachzudenken und festzustellen, dass diese nicht unbedingt mit ökologischen Maximen in Konflikt stehen müssen.
Die Veranstaltung fand hybrid (in Bonn und über Zoom) statt, und war daher auch für Teilnehmende zugänglich, die nicht günstig oder ökologisch hätten anreisen können. Dank der simultanen Verdolmetschung ins Englische, wurden zudem auch Personen erreicht, die nicht der deutschen Sprache mächtig sind.
Hybrid ist immer die aufwändigste Variante – das haben Eventprofis in den letzten Jahren aus leidvoller Erfahrung gelernt. Doch zum Glück standen Organisatorinnen Inés de Chavarría, Fernanda Vila Kalbermatten und Nadja Schmidt nicht allein vor dieser Mammutaufgabe. Die Dolmetsch- und Konferenztechnik wurde von der Fa. Ellerbrock betreut und das als Sponsoring-Aktion (ja, Du hast richtig gelesen)! Ein hervorragendes Beispiel für „nachhaltige“ Beziehungen zwischen Sprach- und Eventtechnikprofis.
Hier eine kleine Übersicht der Fragestellungen, die bei mir hängen geblieben sind. Vielleicht nimmst Du das als kleine Checkliste oder Anregungen, Dich mit diesen Themen in Deiner Branche zu beschäftigen und einen Austausch dazu zu suchen?
Podiumsdiskussion der Technikanbieter PCS, Brähler und Ellerbrock
Für „ganzheitliche“ Dolmetscher:innen, die Komplettlösungen anbieten, lohnt es sich, nachhaltige Beziehungen zu anderen Eventprofis, insbesondere zu den Technikanbietern zu pflegen. Was wünschen sie sich aber von uns, damit die Kooperation besser funktioniert?
Unter anderem eine frühere Einbeziehung in die Planung der Dolmetschlösung für eine internationale Veranstaltung.
Wie ist es in Deinem Bereich? Was wünschen sich Lieferant:innen und Partner:innen von der Kooperation mit Dir und Deinem Team? Wie könnt Ihr einerseits besser zusammenarbeiten, um Deine/Eure gemeinsame Kundschaft besser zu bedienen?
Und wie könnt Ihr Euch andererseits gegenseitig vor unrealistischen Kundenanforderungen schützen?
Vortrag „kognitive Nachhaltigkeit“ von Dr. Anja Rütten
Auch unsere kognitiven Ressourcen sind begrenzt. Das sind die Ressourcen, die wir brauchen, um Informationen aufzunehmen, zu verarbeiten und abzuspeichern.
Während Du bei einem Gig bist, arbeitest Du im Stressmodus, musst viele Impulse wahrnehmen, Probleme kurzfristig lösen. Was machst Du, wenn Du endlich Pausen hast? Ruhst Du Dich aus oder liest Du Mails?
Bei der Arbeit im Büro: Hast Du schon für Dich analysiert, welche Aufgaben für Dich weniger kognitive Ressourcen erfordern und evtl. zu deinen unproduktivsten Zeiten erledigt werden könnten? Eventuell mit Hintergrundmusik oder im Stehen, wie ich Dir in diesem Artikel empfohlen habe.
Welche Tools kannst Du einsetzen, um Deine Arbeit zu automatisieren und langfristig weniger kognitive Ressourcen einzusetzen?
Eine gute Zusammenfassung gibt es hier auf dem Blog von Dr. Anja Rütten.
Vortrag von Daniela Brückner – Nachhaltiger Umgang mit den eigenen Ressourcen
Hast Du Dir schon mal Gedanken gemacht, wie Du (und Dein Team) mit begrenzten Ressourcen umgehst? Dazu gehören körperliche, mentale, zeitliche und finanzielle Ressourcen.
Welche Aufgaben kannst Du priorisieren, welche kannst Du vor dem Fernseher erledigen? Kannst Du es Dir wirklich leisten, 30 Stunden in die Vorbereitung einer Veranstaltung (für uns: Vorbereitung auf einen thematisch anspruchsvollen Dolmetscheinsatz) stecken, ohne andere Projekte oder auch Deinen Schlaf und Deine Work-Life-Balance zu vernachlässigen?
Vortrag „Nachhaltig kalkulieren und auch Nein sagen“ von Julia Böhm
In diesem Vortrag ging es darum, zu entscheiden, ob ein Projekt sich für mich als Unternehmer:in lohnt – oder ob es vielleicht besser ist, höflich „Nein“ zu sagen.
Da sind Fragen wichtig wie:
Wenn wir das Kundenbudget einhalten wollen, was käme für mich/uns als Stundenlohn dabei raus?
Würde uns das reichen für die soziale Absicherung? Für Investitionen in das Unternehmen inkl. Fortbildungen? Wie viele Stunden und Ressourcen müssten mein Team und ich einsetzen?
Bei (internationalen) Veranstaltungen: Kann ich den Einsatzort günstig und ökologisch erreichen? Oder wäre es besser, einen Kolleg:innen vor Ort zu empfehlen, die sich vielleicht revanchieren, wenn sie Anfragen für Projekte in meiner Region erhalten?
Vortrag „Nachhaltigkeit in der Arbeit mit Kund:innen“ von Karin Walker
Wie gestaltest Du die Beziehungen zu Deinen Kunden, damit sie sich bei Dir nachhaltig gut aufgehoben fühlen?
Wie sorgst Du dafür, dass unrealistische Kundenansprüche der Geschäftsbeziehung langfristig nicht schaden? Wie gehst Du mit den verschiedenen Ansprechpartner:innen im Unternehmen um?
Wie gestaltest Du faire und transparente Angebote?
Fazit
Heißt das, dass Du in diesem Magazin nun des Öfteren Artikel über „Nachhaltigkeit“ im breitesten Sinne lesen wirst? Vermutlich nicht. Denn ich will auch effizient und nachhaltig mit meinem Wissen und Ressourcen umgehen und konzentriere mich lieber auf die Teilaspekte, die mir am Herzen liegen, nämlich Umweltschutz und Gesundheit, wohl aber aus einer ganzheitlichen Perspektive.
Ich werde aber immer wieder auf Artikel verweisen, die andere Aspekte behandeln.
Und Du so?
Wenn Du aus der Eventbranche oder einem anderen Bereich kommst, würde ich gerne wissen, ob Du Dir die obigen Fragen schon mal gestellt und für Dich beantwortet hast. Mit welchen Aspekten der Nachhaltigkeit hast Du Dich schon beschäftigt? Konntest Du positive Auswirkungen auf deine Kundenbeziehungen feststellen? Schreibe mir das gerne in den Kommentaren!!
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