Bio in Italien

Zum Jahresbeginn möchte ich Euch wichtige Daten und Fakten rund um das Thema „Bio in Italien“ präsentieren. Die Daten sind das Ergebnis einer von Nomisma in Zusammenarbeit mit dem Italienischen Institut für Außenhandel (ICE) und der Messe Bologna durchgeführten Studie. Vorgestellt wurden sie am 9. September 2016 auf der SANA in Bologna, der italienischen Fachmesse für biologische und natürliche Produkte.

Auch ich war am besagten Tag auf der SANA. Den Besuch habe ich genutzt, um Kontakte zu deutschen Unternehmen zu knüpfen, die sich auf Bioprodukte und Naturkosmetik spezialisiert haben und um an der Pressekonferenz teilzunehmen. Im Folgenden habe ich Daten zusammengetragen, die vor allem für Bio-Unternehmen aus dem Sprach- und Wirtschaftsraum D-A-CH nützlich sein dürften, die einen Einstieg in den italienischen Markt in Erwägung ziehen.

Aus den Zahlen gehen folgende Makrotrends hervor:

1) Bio boomt in Italien:

Auch in Italien ist das Biosegment schon lange kein vorübergehender Trend mehr. Vielmehr steht es für einen strukturellen Wandel, da sich immer mehr Verbraucher für Bioprodukte interessieren und diese auch erwerben. Im Vergleich zum Jahr 2014 ist die Verkaufsfläche für Produkte aus biologischem Anbau um 7,5 %, die Anzahl der Mitarbeiter in der Vertriebskette um 8,2 % und der Gesamtumsatz um 15 % gestiegen.

In derselben Zeit ist die Anzahl der italienischen Familien, die wenigstens einmal im Jahr Bioprodukte erwerben, auf 74 % angestiegen (2014 waren es 69 %). Beim Anteil von Bioprodukten am gesamten Lebensmittelkauf ist auch ein Anstieg zu verzeichnen (derzeit 3,1 %, 2014 waren es 1,9 %). Meines Erachtens sind besonders die Verbraucher hervorzuheben, die täglich oder fast täglich Produkte aus biologischem Anbau kaufen, deren Anteil liegt nämlich bei 25 %.

2) Wer kauft Bioprodukte?

Anhand der gesammelten Daten hat Nomisma ein Bio-Käuferprofil erstellt. Der typische Verbraucher

-achtet auf seinen Lebensstil und auf eine gesunde Ernährung

-ist wohlhabend und gebildet: Wer Bioprodukte erwirbt, verfügt oft über ein hohes Einkommen und über einen akademischen Abschluss.

-hat Kinder unter 12 Jahren (77 % der Verbraucher)

-leidet an Lebensmittelunverträglichkeiten oder ist aus anderen Gründen in der Ernährungsweise eingeschränkt (87 %)

-ist Vegetarier oder Veganer (85 %)

Der letzten Angabe ist hinzuzufügen, dass die Anzahl der Vegetarier in Italien 2016 im Vergleich zum Vorjahr um 1,4 % auf insgesamt 7,1 % angestiegen ist. Ebenso ist ein Anstieg bei den Veganern zu vermerken. 1 % der italienischen Bevölkerung hat sich 2016 vegan ernährt, 2015 waren es gerade einmal 0,2 %. Addiert man diese beiden Zahlen, so zählt Italien mit 8 % der Bevölkerung zu den vegetarischsten Ländern Europas.

Neben ernährungstechnischen Gründen, greifen Verbraucher vor allem auf Naturkost zurück, weil diese Produkte ihnen mehr Sicherheit bieten: Bioprodukte werden nämlich im Vergleich zu konventionellen Lebensmitteln strenger kontrolliert. Doch auch die Ethik spielt im Biosegment eine bedeutende Rolle, denn hier werden Werte wie Umweltschutz, Artenvielfalt, das Wohlergehen der Tiere und die Arbeitsrechte der Lieferanten großgeschrieben.

 

3) Spitzenrang für Obst und Gemüse

Auch wenn der Handel mit Bioprodukten in Italien insgesamt noch einen Nischenmarkt darstellt, ist die Anzahl der Menschen, die auf biologisches Obst und Gemüse zurückgreifen, um 17,6 % gestiegen. Dies entspricht einem Marktanteil von 3 %. Österreich und Deutschland nehmen für Italien eine Vorbildfunktion ein, denn in diesen Ländern beträgt der Anteil bereits 10 bis 14 %. Konsumenten entscheiden sich dabei nicht nur für Bio, weil sie die Produkte für sicher erachten, sondern auch weil Schwarzarbeit und die illegale Anwerbung von Tagelöhnern innerhalb der Produktions- und Vertriebskette keinen Platz finden.

Weitere beliebte Bioprodukte sind Olivenöl, Eier, Honig, Milcherzeugnisse und Cerealien. Wer einmal zugreift, z.B. in der Obst- und Gemüseabteilung, wird auch weiterhin nach Bio Ausschau halten. Dieser Aspekt dürfte vor allem für eine mögliche Zusammenarbeit zwischen Herstellern verschiedener Produkte von Bedeutung sein.

 

4) Bioprodukte im Lebensmitteleinzelhandel

Es überrascht nicht, dass die meisten Verbraucher (übrigens auch in Deutschland), Bioprodukte im Lebensmitteleinzelhandel erwerben. Nicht die niedrigeren Preise spielen dabei die Hauptrolle, sondern der praktische Aspekt – schließlich kann man im Einzelhandel sowohl Bio als auch konventionelle Produkte kaufen. Supermärkte haben diesen Trend schon längst erkannt und treiben den Handel mit Biolebensmitteln an. CONAD hat 4 neue Kategorien (Bio, Eco, Vegan, Fair) ins Leben gerufen, unter denen insgesamt 400 Produkte gelistet sind, 30 davon im Gemüse- und Obstsegment. Meines Wissens geht auch COOP mit einem Bio-Sortiment auf die Bedürfnisse der „grünen“ Kundschaft ein.

Wer hingegen, wie ich, Bioläden bevorzugt, wird die riesige Auswahl an veganen, biologischen und biodynamischen Produkten sowie Naturkosmetik nicht mehr missen wollen. Ein Aspekt, der nicht in der Studie beleuchtet wurde, jedoch meines Erachtens von Bedeutung sein könnte, ist die Herstellergarantie, die häufig nur Bioläden gewähren.

Italien braucht diese positiven Daten, nachdem das Land im Oktober 2015 in einen Bio-Skandal verwickelt war. Report, eine Untersuchungssendung vom italienischer Sender RAI, hatte einen Etikettenschwindel aufgedeckt, bei dem Lebensmittel fälschlicherweise als Bio deklariert worden waren. Die Reportage hat zu großer Unsicherheit und Beunruhigung innerhalb der Bevölkerung geführt, der Bio-Betrug zu einem Imageschaden der Produktions- und Vertriebskette.

Im Beitrag selbst wurde unterstrichen, dass, abgesehen von ein paar faulen Äpfeln, die große Mehrheit der Biounternehmen alles gibt, um Verbrauchern sichere und ethnische Lebensmittel zu bieten. FederBio, der größte Dachverband für biologische und biodynamische Unternehmen, setzt sich selbst an vorderster Front für die Aufdeckung von Betrugsfällen und für die Weitergabe korrekter Verbraucherinformationen ein.

 

Meinen Lesern sowie allen Beteiligten an der Entwicklungs-, Produktions- und Vertriebskette von Bioprodukten wünsche ich, voller Energie in ein erfolgreiches Jahr 2017 zu starten!

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