Heute wage ich mich auf etwas raueres Terrain als sonst und greife ein heiß diskutiertes Thema auf: den Nutri-Score.

Die Idee, mich mit der Lebensmittelampel zu beschäftigten, kam mir durch die Zeitschrift BioHandel.

Die letzte Ausgabe des Fachmagazins für die Bio-Branche ist vollständig diesem Thema gewidmet, neu ist die Ampel aber nicht: In Belgien werden schon viele Lebensmittel damit gekennzeichnet, was mir seit einiger Zeit etwas Kopfzerbrechen beschert.

Denn wie oft habe ich mich schon gefragt, wieso auf den Bärenkeksen von diesem bekannten Lebensmittelkonzern, die mein Mann so gerne kauft, ein smaragdgrünes „A“ prangt und meine geliebten sonnengetrockneten und in Öl eingelegten Tomaten sich mit einem gelben „C“ zufrieden geben müssen.

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Daher habe ich mich auf die Suche nach ein paar Antworten gemacht.

Das, was ich dabei gefunden habe, möchte ich gerne mit euch teilen – es bleibt dann natürlich jeder und jedem selbst überlassen, sich eine eigene Meinung dazu zu bilden. Wenn ihr wollt, könnt ihr eure Überlegungen zum Nutri-Score mit mir in den Kommentaren teilen.

Wie funktioniert die Lebensmittelampel?

Der Nutri-Score ist ein System zur Kennzeichnung von Lebensmitteln, das 2013 von einer Gruppe französischer Forschenden entwickelt wurde und nach einer Versuchsphase 2017 in Kraft trat. Diese „Lebensmittelampel“ dient im Grunde einem doppelten Zweck:

  1. Einerseits soll der Nutri-Score uns beim Einkaufen helfen, das Nährwertprofil von meistens verarbeiteten Lebensmitteln der gleichen Kategorie zu vergleichen, z. B. Frühstücksflocken oder Kekse.
  2. Das wiederum soll dazu führen, dass wir die Produkte auswählen, die am besten für unsere Ernährung und Gesundheit sind.

Die grafische Darstellung auf der Verpackung – eine Farbskala von Grün bis Rot mit Buchstaben – soll es uns dabei einfach machen zu erkennen, in welche Kategorie das Produkt fällt, das wir in der Hand halten:

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Quelle: Shutterstock

Die Ermittlung des Nutri-Score erfolgt auf Basis der Nährwertangaben pro 100 Gramm, wobei nach ungünstigen und günstigen Inhaltsstoffen unterschieden wird: Obst, Gemüse, Nüsse, Ballaststoffe und Eiweiß werden positiv bewertet, während ein hoher Anteil an gesättigten Fetten, Einfachzucker, Natrium und Kalorien negativ ins Gewicht fällt.

Das Kennzeichnungssystem für den Nutri-Score ist freiwillig: Die Hersteller sind nicht verpflichtet, die Lebensmittelampel auf der Verpackung ihrer Produkte abzubilden.

Italien ist gegen die Lebensmittelampel

Einige der Lebensmittel-Großkonzerne wie Nestlé, Mondelez und Unilever kennzeichnen bereits einen beträchtlichen Teil ihrer Produkte mit dem Nutri-Score. Ebenso einige der großen Einzelhandelsketten: So haben ALDI und LIDL in Deutschland sowie Delhaize und Colruyt in Belgien das System für ihre Eigenmarken übernommen.

Und in Italien? Hier haben die Minister für Agrarfragen und die Verbände der Landwirte und Erzeuger (allen voran Coldiretti) wiederholt ihre Ablehnung der Ampel zum Ausdruck gebracht.

Sie sehen darin vor allem eine Bedrohung für den Export von landwirtschaftlichen Qualitätserzeugnissen Made in Italy: Natives Olivenöl extra, Parmesankäse, Parmaschinken und andere Produkte mit Herkunftsbezeichnungen wie D.O.P. und I.G.P., die so typisch für Italien sind, werden aus natürlichen Zutaten hergestellt.

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Quelle: Pexels

Trotzdem laufen diese Produkte aber Gefahr, mit einem roten oder orangefarbenen Score bestraft zu werden, während stärker verarbeitete Lebensmittel mit synthetischen Zutaten grün gekennzeichnet werden. Wenn ihr wissen wollt, was Coldiretti zum Nutri-Score sagt, dann könnt ihr das hier auf Italienisch nachlesen.

Auch aus der Bio-Welt kommen Gegenstimmen

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Mich hat es nicht sonderlich überrascht, in der letzten Ausgabe der Zeitschrift BioHandel zu lesen, dass auch ein erheblicher Teil der deutschen Bio-Lebensmittelketten gegen den Nutri-Score in seiner jetzigen Form ist, weil das Ampelsystem weder die Qualität der Lebensmittel noch die Produktions- und Anbaumethode (Bio, biodynamisch oder konventionell) berücksichtigt.

Mit der Ampel auf der Verpackung riskieren selbst Lebensmittel, die kaum verarbeitet sind und aus biologischem oder biodynamischem Anbau stammen, gegenüber konventionellen Produkten benachteiligt zu werden, bei denen zwar die Menge an Zucker oder gesättigten Fettsäuren reduziert, dafür aber synthetische Zusatzstoffe oder andere weniger kalorienhaltige Süßungsmittel hinzugefügt wurden.

Was sagen Medizin und Ernährungswissenschaft zum Nutri-Score?

Dass ich als Italienerin auf unsere Tradition beim Essen und die typisch italienischen Produkte stolz bin und mich auch oft und gerne für Bio entscheide, ist bekannt.

Aber in diesem Fall wollte ich unbedingt auch die Meinung derjenigen hören, bei denen – im Gegensatz zu den oben genannten Akteuren – zumindest von Berufs wegen kein anderes Interesse als die Gesundheit der Verbraucherinnen und Verbraucher im Vordergrund stehen sollte.

Nach dem Lesen einiger Beiträge zum Nutri-Score kann ich nun nachvollziehen, warum Fachleute für Ernährung nicht nur die negativen Seiten der Lebensmittelampel sehen, auch wenn sie nicht alle der gleichen Meinung sind.

Im Dezember 2019 schrieb Luca Carozzi – ein Ernährungswissenschaftler, dem ich folge – auf seiner Seite: „Die meisten günstigen und ungünstigen Eigenschaften, die bei der Vergabe der Nutri-Score-Punkte berücksichtigt werden, sind ohne Zweifel richtig für diesen Zweck“.

Er bezieht sich dabei auf die Menge an Einfachzucker, den Natriumgehalt sowie den Anteil von Ballaststoffen und Proteinen usw. Allerdings werden, seiner Ansicht nach, andere Faktoren weniger gewichtet: So wird beispielsweise nicht zwischen lang-, mittel- und kurzkettigen gesättigten Fettsäuren unterschieden, und es fehlt jegliche Mengenangabe, denn: „In den richtigen Mengen ist natives Olivenöl sehr gut für unsere Gesundheit„, so Carozzi weiter.

Auch die WHO hat das Modell des Nutri-Score für Lebensmittel positiv bewertet und mehrfach betont, dass die Farbe Rot nicht darauf hinweist, dass ein Lebensmittel schädlich ist, sondern lediglich daran erinnern soll, dass es in Maßen genossen werden sollte.

Meine Meinung zur Lebensmittelampel

Wie immer sehe ich nicht alles nur Schwarz und Weiß.

Oder um es anders zu sagen: Ich mag das Kind nicht gleich mit dem Bade ausschütten!

Zwar bin ich mir der möglichen Verzerrungen bei der Bewertung von „gesunden“ und „ungesunden“ Lebensmitteln bewusst, aber ich glaube dennoch, dass der Nutri-Score ein wertvolles Werkzeug sein kann, wenn wir lernen, differenziert damit umzugehen.

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Die Lebensmittelampel auf der Verpackung ist für mich persönlich vor allem eine Art erhobener Zeigefinger, der mich daran erinnert, nicht zu viel davon zu essen, wenn ich mal wieder leckere Oliven, meinen schön gereiften Lieblingskäse und sonnengetrocknete Tomaten vor mir auf dem Tisch stehen habe … oder geräucherten Lachs, Bresaola …

Ich könnte noch viel mehr Lebensmittel aufzählen, die nur in kleinen Mengen „gut“ für uns sind, aber ich höre besser hier auf, sonst läuft mir noch das Wasser im Mund zusammen.

Was die von mir geliebten Lebensmittel der emilianischen Küche betrifft, so ist wohl wahr, was eine alte Werbung mal behauptete: non han mai fatto male due fette di salame.

Wörtlich bedeutet das so viel wie „zwei Scheibchen Salami haben noch niemandem geschadet“. Eben, zwei Scheibchen … nicht zehn oder gar die halbe Wurst!

Vor allem dann nicht, wenn es gilt Blutdruck und Cholesterin in Schach zu halten.

Kurz gefasst …

… Ampel hin oder her: Unser wichtigstes Werkzeug ist und bleibt der eigene Kopf.

Bei der Entscheidung, was in den Einkaufswagen kommt, sollten wir uns nicht allein am Nutri-Score orientieren, sondern auch andere Faktoren wie die Kalorienzahl, die empfohlene Tagesdosis usw. berücksichtigen.

Dazu empfehle ich den Beitrag in meinem Blog, in dem wir über vitaminreiche und vollwertige Ernährung sprechen. Darin zeigt die Ernährungswissenschaftlerin Tamara Patrcevic, wie man mit einfachen Mitteln unverarbeitete Lebensmittel in den Speiseplan der ganzen Familie einbauen kann.

Und natürlich auch die Artikel meiner Serie vom Jahresbeginn, in der ich darüber berichte, wie man wieder in Form kommt und es auch bleibt: https://saccani-translations.com/category/essen-food/

Den Herstellern von Lebensmitteln kann ich nur raten, genau und ohne zu viele Vorurteile abzuwägen, ob sie den Nutri-Score für ihre Produkte übernehmen wollen oder nicht. Ich bin gerne für euch da, wenn es darum geht, eure Entscheidungen oder Abwägungen gegenüber ausländischen Kunden und Partnern zu kommunizieren.

Übersetzung aus dem Italienischen von Dragana Molnár

Quellen:
Alimentipedia: https://www.alimentipedia.it/nutri-score-il-semaforo-per-gli-alimenti-che-fa-discutere.html
Copyright © Alimentipedia.it

Facebook-Seite Luca Carozzi: https://www.facebook.com/permalink.php?story_fbid=1306542332849878&id=415384781965642

BioHandel: Ausgabe 5/21

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