Vom 16. bis 18. Juni fand das NaturkosmetikCamp 2020 online statt. Expert*innen aus allen Kategorien tauschten sich an drei Nachmittagen in Zoom-Sessions aus. Gemeinsam erarbeiteten sie mit den Teilnehmer*innen zukunftsweisende Strategien, um gestärkt aus der Krise zu kommen und die aktuellen Herausforderungen zu meistern.
Das NaturkosmetikCamp: Pflichtveranstaltung seit 2017
Seit 2017 – also seitdem ich mich als Dolmetscherin und Übersetzerin auf Naturkosmetik spezialisiert habe – lasse ich mir kein NaturkosmetikCamp entgehen. Gerne übernehme ich auch die eine oder andere Aufgabe im Orgateam (Moderation, Mindmapping usw.). Dieses Jahr durfte meine Firma Saccani Translations die Veranstaltung als Basic-Partner unterstützen.
Das Tolle beim NaturkosmetikCamp ist, dass die ganze Branche vertreten ist – von den Rohstofflieferanten über die Hersteller, die Fach- und Großhändler sowie Blogger*innen, Medienvertreter*innen und andere externe Dienstleister (Berater*innen, Social-Media Exper*innen und meine Wenigkeit). Diese bunte Mischung ermöglicht es, Branchentrends aus allen wichtigen Perspektiven zu betrachten.
Lies auch:
Farbe bekennen, nachhaltig tagen – Das NaturkosmetikCamp 2018 in Brandenburg
NaturkosmetikCamp 2017: Pioniere wahrer Schönheit treffen sich im Allgäu
Wie hat die Naturkosmetikbranche die Corona-Krise bisher erlebt?
Diese Frage wurde im Rahmen der Podiumsdiskussion am Dienstagnachmittag zum Teil beantwortet. Es waren insgesamt sehr stressige Monate für die Branche. Für manche Produktgruppen (wie Handseifen und Handgels) ist die Nachfrage buchstäblich explodiert und konnte nur schwer befriedigt werden. Andere Segmente wie die dekorative Kosmetik sind abgestürzt: Wer macht sich schon die Mühe, Lippenstift unter einer Mundmaske aufzutragen oder sich für ein Zoom-Meeting die Nägel zu lackieren?
Wie in allen anderen Branchen hat die Krise Digitalisierungsprozesse beschleunigt. So haben zum Beispiel Online-Angebote wie Kurse für Bioladen-Mitarbeiter*innen einen richtigen Boom erlebt. Stationäre Vertriebswege wurden besser mit Online-Kanälen, etwa durch Lieferservices, verknüpft. Viele Teilnehmer*innen waren sich einig, dass die Krise auch Positives bewirkt hat, zum Beispiel dass firmenintern die Mitarbeiter*innen an einem Strang gezogen haben und Teams zusammengewachsen sind.
Wie haben sich die Bedürfnisse der Konsument*innen geändert?
Während der Coronakrise haben sich die Kund*innen auf ihre Werte zurückbesonnen. Manche haben den Weg in den Bioladen wiedergefunden und sogar neue Naturkosmetik-Marken entdeckt.
B2B-Kunden – wie Kosmetikstudios und Hotels – waren schwieriger zu bedienen, da sie nicht wussten, wann und wie es weitergeht. In den Sessions wurde auch besprochen, wie diese Kundengruppe in Zukunft besser beraten werden kann.
Gerne teile ich mit euch ein paar Learnings aus den Sessions, die ich als „Mindmapperin“ begleiten durfte.
Megatrends
Am Dienstagnachmittag um 15.45 Uhr ging es nach der Podiumsdiskussion in die Sessions. Ich durfte einen hochspannenden Impulsvortrag der Zukunftsforscherin Mirja Eckert zum Thema Megatrends begleiten. Es ging u. a. darum:
- Wie Megatrends von vorübergehenden Trends abzugrenzen sind
- Welche der aktuellen 10 bis 15 Megatrends (u. a. Digitalisierung und Gesundheit) für die Naturkosmetik-Branche relevant sind
- Wie sich Megatrends auf Kundenwünsche auswirken
Fazit der Session war: „Weiter so“ war gestern! [Über Zukunftstrends habe ich auch in dem Beitrag „Messen in Corona-Zeiten: Aus der IMEX 2020 wird PlanetIMEX“ geschrieben].
Online-Videos & virtuelle Kommunikation
Während der Corona-Krise haben Online-Videos und Online-Meetings einen richtigen Durchbruch erlebt. Sie ermöglichen es, Zeit und Co2 einzusparen (auch wenn Streaming viel Strom frisst) und bieten dabei eine hochwertige Kommunikation. Das NaturkosmetikCamp online selbst war der beste Beweis dafür.
Wie kann man auf dieser Welle reiten und den Trend optimal für die eigene Marke nutzen? Zum Beispiel mit regelmäßigen Livestreamings, in denen Produkte und Anwendungsmöglichkeiten vorgestellt werden. Videoexperte Jörg Pattis zeigte ein paar Möglichkeiten und Instrumente auf, sammelte Erfahrungswerte. Er zeigte außerdem, welche Plattformen sich für welche Inhalte eignen:
- Facebook: nur für kürzere Videos geeignet
- YouTube: Video-Tutorials für alle mögliche Zielgruppen, die etwas länger sein dürfen
- Instagram: Längere Videos sind nur für Instagram TV geeignet
Social Media
Für viele KMU ist eine Präsenz in den sozialen Medien der erste Schritt in Richtung Digitalisierung. Doch wie professionell darf das Engagement auf Social Media sein? Lieber Geld sparen und einen Werkstudenten einstellen? Das kann allenfalls als Übergangslösung funktionieren. Auf Dauer muss ein Profi ran. Oder auf jeden Fall jemand, der die Produktsprache des Unternehmens und sein Leitbild aus dem Effeff kennt. Das war das Fazit, das Beraterin Susan Kapfhammer in der Diskussion mit den Teilnehmer*innen erreichte.
Thema dieser spannenden Session war auch, wie Online- und Offline-Kanäle verknüpft werden können. So können Online-Auftritte auch dazu genutzt werden, für den stationären Laden zu werben und umgekehrt. Hauptsache, die Online-Kommunikation funktioniert mindestens genauso gut wie die Offline-Kommunikation und ist auf diese abgestimmt!
Nachhaltige Verpackungen
Das ist ein richtiges „Querthema“, das derzeit mehrere Branchen beschäftigt.
Beim NaturkosmetikCamp online hat Inez Linke von Oceanwell eine Session dazu gehalten. Sie erzählte, wie ihre Firma bisher mit dem Thema umgegangen ist und welche Analysen sie durchgeführt hat, um die Verpackung mit den besten Eigenschaften zu finden. Für alle verschiedenen Materialien, die aktuell aus hygienischen und sicherheitstechnischen Gründen in Frage kommen, wurden in der Diskussionsrunde Vor- und Nachteile beleuchtet.
Dabei wurden Herausforderungen wie zum einen die geringe Akzeptanz und zum anderen die unrealistischen Erwartungen der Konsument*innen nicht kleingeredet. Das Schöne an dieser Session war, dass auch konkrete Lösungen erarbeitet wurden, zum Beispiel Käufergemeinschaften zu bilden, um die kritische Masse bei den Stückzahlen zu erhöhen und neue Lösungsansätze bei Lieferanten zu forcieren.
[S. auch meine Artikel
- Internationale Tagungen nachhaltig planen: Ideen und Impulse von der IMEX 2019
- BioLebensmittelCamp Nachhaltig tagen im Barcamp – Das BiolebensmittelCamp 2019 in Fulda
- „Messen in Corona-Zeiten: Aus der IMEX 2020 wird PlanetIMEX“
- Biofach und Vivaness 2020 in Nürnberg: Ein Gefühl wie Heimkommen
Mein Fazit zum NaturkosmetikCamp 2020 online
Ich fand die Veranstaltung trotz der physischen Entfernung sehr bereichernd. Die Diskussionen verliefen durch die Einschränkungen, die das Online-Format mit sich bringt, sogar strukturierter. Es stimmt schon, dass virtuelle Events als eigenständiges Produkt verkauft werden sollten, weil sie ganz andere Vor- und Nachteile bieten.
Dennoch fehlten mir das Netzwerken, die Kaffeepause und das Rahmenprogramm, das die NaturkosmetikCamps der letzten Jahre so einzigartig machte.
Hoffentlich sehen wir uns 2021 wieder live und in Farbe!
Warst Du auch beim NKC dabei? Wie fandest Du es? Wie hat Deine Firma bisher die Krise erlebt?
Was ist Deine Meinung zu den genannten Themen? Ich freue mich auf Deinen Kommentar!
Danke, Caterina, dass Du uns immer wieder teilhaben lässt an Deinen spannenden Konferenzen. Lustig sind die Video-Konferenzen ja schon, und das freundliche Winken am Schluss werden wir uns nach Corona wohl wieder mühevoll abtrainieren müssen 😉
Interessant finde ich den Aspekt, dass die dekorative Kosmetik abgestürzt ist. Ich bin sicher, dass sich das wieder erholen wird, denn auch und gerade für Online-Meetings ist es sehr wichtig, sich „schön“ zu machen:
1. schluckt die Kamera Kontraste, daher empfiehlt es sich sogar, etwas dicker aufzutragen als normal, und
2. begreifen die Leute so allmählich, dass es wichtig ist, sich bei einem Online-Meeting genauso viel Mühe zu geben wie bei einem realen Meeting. Am Anfang meinten viele, auf das Durcheinander im Hintergrund werde wohl keiner achten – doch, wir achten darauf und ziehen unsere Schlüsse! – oder man könne mal eben raus aus der Dusche mit Handtuch um den Kopf und im Bademantel ins Meeting gehen, das wirke vielleicht cool – nein, tut es nicht, es wirkt unprofessionell – und viele andere Faultpas, die ich nicht geglaubt hätte, wenn ich sie nicht selber gesehen hätte!
Die Profis machen so etwas nicht, die ziehen sich businessmäßig an und machen sich zurecht, sie vertauschen sogar die bequemen Puschen mit den Schuhen und viele stellen sich an ein Stehpult, damit sie ganz bei der Sache sind. Daher: dekorative nachhaltige Kosmetik, halte durch, Deine Zeit kommt wieder!
Herzliche Grüße
Sabine
Danke für die konstruktive Rückmeldung, liebe Sabine!! Die Frage nach dem Aufschönen war auch ein bisschen provokatorisch gemeint. Ich finde auch, dass man sich genau so viel Mühe machen müsste und muss mich da an die eigene Nase fassen. Denn ich mache mich für virtuelle Meetings schön, aber nicht so wie bei einer Präsenzveranstaltung. Viel dekorative Kosmetik habe ich in den letzten Monaten ja auch nicht gekauft.
(In der Diskussion ging es ja aber auch darum, dass die dekorative Kosmetik sich schon langsam erholt hat, seitdem die Maskenpflicht draußen abgeschafft wurde).
Was die Hintergründe betrifft, muss ich sagen, dass die meisten NKC-Teilnehmer*innen ein hochprofessionelles Setting hatten (mit Firmenlogos, Rollups u.Ä). Da kann ich mir eine Scheibe davon abschneiden 😉