Erinnert ihr euch an mein allererstes kulinarisches Video, in dem meine Mutter unser traditionelles Gericht Cappelletti (Tortellini mit Fleischbrühe) vorgestellt hat und ich für euch gedolmetscht habe? Sie erzählte unter anderem, dass Cappelletti bei Stadt- und Dorffesten sowie bei vielen anderen feierlichen Anlässen sehr beliebt sind. Am Tag der Arbeit werden Cappelletti in unserem Heimatdorf Correggio in den Bogengängen der Hauptstraße serviert. Dabei werden lange Tische aufgestellt und mit roten Nelken, Symbol der Arbeiterbewegung, dekoriert.

Diese Veranstaltung, die seit ungefähr 15 Jahren organisiert wird, erinnert symbolisch daran, dass dieser Feiertag zur Zeit des Faschismus in Italien (1922 bis 1943) nicht begangen werden durfte. Wenn man damals dabei erwischt wurde, das „Festa dei lavoratori“ zu feiern oder an dem Tag nicht zur Arbeit ging, wurde man von der faschistischen Miliz entweder verprügelt oder gezwungen, Rizinusöl zu trinken.

Die „Cappelletti in Piazza“ sind natürlich auch eine tolle Gelegenheit mit Mitbürgerinnen und Mitbürgern ins Gespräch zu kommen, alte Freunde und Bekannte wieder zu treffen und sich über brennende politische und gesellschaftliche Themen auszutauschen.

Da ich seit vielen Jahren im Ausland lebe, hatte ich in den letzten Jahren diese traditionelle Veranstaltung immer wieder verpasst. Dieses Jahr war ich am 1. Mai bei meinen Eltern zu Besuch und wollte mir das Fest nicht entgehen lassen.

In diesem Video teile ich mit euch einige Impressionen:

 

 

Cappelletti wurden als erstes Gericht (primo piatto) serviert. Als Hauptgericht bekamen wir typische Fleischspezialitäten und als Nachtisch die sogenannte „zuppa inglese“, ein Biskuitdessert aus der Emilia-Romagna. Ich werde euch in künftigen Videos mehr zu diesen Gerichten erzählen.

 

Sicherlich ist euch aufgefallen, dass die Veranstaltung sich vor allem bei den älteren Generationen großer Beliebtheit erfreut. Wie ihr euch denken könnt, hat dies damit zu tun, dass jüngere Leute Meinungs- und Gedankenfreiheit für selbstverständlich nehmen, weil sie in einer freien Welt aufgewachsen sind. Das gilt nicht für Babyboomer und vor allem für deren Eltern. Bei ihnen sind  die Unterdrückung zur Zeit der faschistischen Diktatur und an den darauf folgenden zweiten Weltkrieg noch sehr lebhaft in Erinnerung.

 

Apropos Tag der Arbeit: in einer Woche, am 9. Mai ist Europatag. Lass uns diesen  Tag gemeinsam feiern, da wir seit 7 Jahrzehnten in Europa in Frieden leben. Lass uns das alles nicht für selbstverständlich nehmen.

 

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